Climate Tech Fachartikel

ESRS und die doppelte Wesentlichkeit als Basis einer vertrauenswürdigen CSRD-Berichterstattung

Ende Juli 2023 wurde das erste Set der einheitlichen europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards, die so genannten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), entschieden. Die Mitgliedsstaaten haben nun bis zum 6. Juli 2024 Zeit, die CSRD in nationales Recht umzuwandeln. Unternehmen stehen jedoch bereits jetzt vor der Herausforderung zur Einhaltung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) Zugang zu umfangreichen Daten aus verschiedenen Quellen zu sammeln und zu konsolidieren, um einen aussagekräftigen und vertrauenswürdigen Nachhaltigkeitsbericht zu verfassen. Hierfür ist Teamwork gefragt: So kommt eine kürzlich erschienene Studie zu dem Entschluss, dass 71 % der Befragten mindestens drei oder mehr interne Abteilungen in den ESG-Reporting-Prozess einbeziehen, um die erforderten Daten bereitzustellen.

CSRD stellt Unternehmen vor Herausforderungen

Die Anforderungen der CSRD bringen so manche Führungskräfte und Finanzfachleute ins Schwitzen: Studienergebnissen des Annual Reporting Barometers zufolge löst der Gedanke an das Vertrauen in Daten, wenn ESG in den jährlichen Berichtsprozess einfließen, bei 34 % der befragten Finanzfachleute in der DACH-Region Bedenken aus und rangiert somit auf Platz 1 der Hauptbedenken. Das trotz Bedenken ESG-Reporting priorisiert werden sollte wird nicht in Frage gestellt: 90 % der Fachleute weltweit sind davon überzeugt, dass ESG-Reporting den Geschäftswert steigert.

Um die mit der CSRD verbundenen Bedenken zu mindern und einen erfolgreichen Reporting-Prozess abzuschließen, sind 95 % der ESG-Fachleute weltweit der Meinung, dass entsprechende technische Lösungen in Form von Software entscheidend in einem erfolgreichen ESG-Reporting-Prozess sein werden. Außerdem sehen sich die Befragten des Annual Reporting Barometers bei der Datenerfassung (DACH: 40 %) sowie bei der Überprüfung von Daten (DACH: 37 %) zusätzlichem Zeitdruck ausgesetzt. Bei der Integration von ESG-Daten verspüren europaweit 36 % der Befragten zusätzlichen Zeitdruck. Die Anforderungen der ESRS and die Unternehmen sind hoch – das Stresslevel auch. Um den Überblick nicht zu verlieren, ergibt es Sinn sich zunächst ausführlich mit der ESRS auseinanderzusetzen.

Fundament: ESRS verstehen und anwenden

Das Regelwerk der ESRS umfasst die Schwerpunkte Environmental (E), Social (S) und Governance (G) zur Bewertung nachhaltiger und ethischer Praxis und beinhaltet Standards für – unter anderem –Klimawandel, eigene Belegschaft Geschäftsgebaren und übergreifende Standards (allgemeine Anforderungen und Grundsätze).

Die allgemeinen Anforderungen und Grundsätze definieren zum Beispiel, welche Informationen für alle Unternehmen verpflichtend sind, welche nur bei Wesentlichkeit erforderlich sind, was unter doppelter Wesentlichkeit zu verstehen ist, und auf welche Informationen in den ersten Jahren verzichtet werden kann. Die themenspezifischen ESG-Standards sehen entsprechende weitere Datenpunkte und Informationen vor.

Aus der ESRS ergibt sich dementsprechend eine Reihe an Fragen, die Unternehmen klären müssen:

  • Wie ist der aktuelle Stand an Informationen bzw. Daten, die das Unternehmen offenlegt?
  • Sind diese Informationen auch außerhalb eines finalen Audits nachprüfbar?
  • Was ist die Botschaft dieser Informationen und was wird nach außen kommuniziert?

Jegliche Standards, die erfüllt bzw. Datenpunkte, die geliefert werden müssen, müssen in eine Strategie eingebettet sein, in der die Risiken, Chancen sowie Auswirkungen auf das Geschäftsmodell beschrieben sind. Das stellt Unternehmen vor die Aufgabe Daten abteilungsübergreifend kohärent zusammenzuführen.

Ausgangspunkt: Wesentlichkeitsanalyse

Um diesen Prozess zu optimieren kann basierend auf dem Verständnis der ESRS-Standards ein Aktionsplan zur vertrauenswürdigen CSRD-Berichterstattung mithilfe der Bewertung der doppelten Wesentlichkeit („Double Materiality“) erarbeitet werden. „Wesentlichkeit“ bedeutet in dem Kontext die Eingrenzung aussagekräftiger Informationen, die für den Adressatenkreis relevant und bewertbar sind. Bei der doppelten Wesentlichkeit geht es darum die Wesentlichkeit von Nachhaltigkeitsaspekten aus zwei Perspektiven zu betrachten. Ein Thema ist berichterstattungspflichtig, wenn es aus der Sicht von nur einer der beiden Perspektiven als wesentlich eingestuft wird.

Integriertes Reporting für vertrauenswürdige Berichterstattung

Da finanzielle und nicht-finanzielle Berichterstattung immer stärker miteinander verflochten sind, wird ein von Beginn an integrierter Ansatz immer wichtiger. Nach der Wesentlichkeitsanalyse sollten Unternehmen ihren Reporting-Prozess folgendermaßen gestalten, um arbeitsintensive, manuelle Prozessabläufe zu vermeiden und menschliche Fehler zu minimieren: Reporting sollte ein integrierter Prozess sein, der Finanz- und Nachhaltigkeitsdaten einschließt. Im Rahmen dessen werden Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführt, wodurch ein vollständig nachverfolgbarer Audit-Trail verfügbar ist. Das macht Zahlen vertrauenswürdig. Besonders mittelständische Unternehmen scheitern an einer ganzheitlichen Strategie. Um die breiten Anforderungen der CSRD bzw. der ESRS zu erfüllen ist diese aber unumgänglich.

Fazit

Eine vertrauenswürdige CSRD-Berichterstattung basiert auf dem Verständnis für die ESRS und deren Einordnung im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse. Um das Vertrauen in die Daten unter Verantwortlichen sowie Aktionären zu stärken und vertrauenswürdige Unternehmensaussagen zu treffen, die auch im gesellschaftlichen Kontext relevant sind, müssen Unternehmen ihre Daten sorgfältiger denn je verwalten und strukturieren. Das ESG-Reporting dennoch der richtige Schritt nicht nur für eine nachhaltige Wirtschaft ist, sondern auch nachvollziehbare Entscheidungen der Unternehmen sind, davon ist nicht nur die Europäische Union überzeugt – sondern auch ESG-Experten.

Autor: Christian Frauen, VP & Country Manager DACH bei Workiva

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