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Was müssen Unternehmen bei der Unterscheidung von Scope 1-, Scope 2- und Scope 3-Emissionen beachten?

Inzwischen ist es den allermeisten Unternehmen klar: An der mittel- bis langfristigen Dekarbonisierung ihrer Portfolios und einer notwendigen Emissionsreduktion führt kein Weg vorbei. Dies muss sowohl innerhalb der betrieblichen Abläufe, also auch entlang der Wertschöpfungsketten stattfinden. Gefragt sind daher ganzheitliche Klimaschutzstrategien, die sowohl direkte als auch indirekte und zugekaufte Emissionen berücksichtigen.

Die Berechnung der Emissionen als Startpunkt

Das Ziel, nach dem sich Unternehmen heute ausrichten müssen, ist klar definiert und durchaus anspruchsvoll, nämlich die Transformation hin zu einer Net Zero Economy. Der Weg dorthin ist nicht einfach. Er kann aber bewältigt werden, wenn er durch ganzheitliche Klimaschutzstrategien mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen begleitet wird. Grundlage dafür sollte stets die präzise Berechnung der eigenen CO2-Emissionen und ein genaues Verständnis der verschiedenen Emissionsquellen sein. Denn das, was Unternehmen nicht erfassen, lokalisieren und messen können, werden sie auch nicht lenken und beeinflussen können. Die Berechnung der Emissionen kann – egal ob im Mittelstand oder in Großkonzernen – durchaus sehr herausfordernd sein, stellt jedoch einen entscheidenden Schritt dar, Klimaschutzziele zu setzen, zu erreichen und den eigenen Anteil zum Klimawandel zu mindern.

Für die Berechnung der Emissionen berücksichtigt ClimatePartner alle Treibhausgase, die nach dem Sachstandsbericht des IPCC relevant sind: neben Kohlendioxid (CO2) auch Methan (CH4), Lachgas (N2O), Schwefelhexafluorid (SF6), Fluorkohlenwasserstoffe (HFC), Perfluorkohlenwasserstoffe (PFC) und Stickstofftrifluorid (NF3). Sämtliche Treibhausgasemissionen werden in CO2-Äquivalente umgerechnet. Zur Vereinfachung wird im Folgenden von CO2-Emissionen gesprochen.

Was ist das GHG Protocol?

Die internationale Gemeinschaft hat längst erkannt, dass die Treibhausgas-Emissionen weltweit reduziert werden müssen, um die Erderwärmung zu stoppen. Mit dem Kyoto-Protocol von 1997 einigten sich die Staaten erstmals in der Geschichte auf verbindliche Ziele und Maßnahmen zum Kampf gegen den Klimawandel. Dieses Übereinkommen bildete die Basis für das Greenhouse Gas (GHG) Protocol.

Es wurde 1998 als gemeinsame Initiative des World Resources Institute und des World Business Council for Sustainable Development gegründet und soll einen einheitlichen Rahmen für die Berechnung von Treibhausgasen schaffen. Das GHG Protocol beinhaltet eine weltweit gültige Standardreihe für die Erfassung und Verwaltung von Treibhausgas-Emissionen für Unternehmen und den öffentlichen Bereich. Darüber hinaus umfasst es Richtlinien und Vorgaben, die es Unternehmen ermöglichen, eine Bestandsaufnahme ihrer Treibhausgas-Emissionen vorzunehmen und dabei ihren sogenannten Corporate Carbon Footprint – also den CO2-Fußabdruck für ihre Geschäftstätigkeit – zu berechnen.

Das Scope-Konzept

Der GHG Protocol Corporate Standard kategorisiert Treibhausgas-Emissionen, die mit dem Corporate Carbon Footprint eines Unternehmens in Verbindung stehen, als Scope 1-, Scope 2-, und Scope 3-Emissionen. Diese Geltungsbereiche betreffen jedoch nicht den Product Carbon Footprint (PCF). Dieser beschreibt die Gesamtmenge an Treibhausgas-Emissionen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung über verschiedene Phasen des Lebenszyklus verursacht.

Das Scope-Konzept selbst stammt aus dem Projektmanagement und bezieht sich auf alle Prozesse und Ressourcen, die zur Fertigstellung eines Projekts erforderlich sind. Dem GHG Protocol zufolge dient diese Kategorisierung im Wesentlichen dazu, Quellen von direkten und indirekten Emissionen zu unterscheiden und sicherzustellen, dass zwei oder mehr Unternehmen nicht Emissionen im selben Geltungsbereich erfassen. Wie also unterscheiden sich Scope 1-, Scope 2- und Scope 3-Emissionen?

Scope 1 – direkte Emissionen

Scope 1-Emissionen sind Emissionen aus Quellen, die direkt vom Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Dazu gehören Emissionen aus Energieträgern am Standort, wie Erdgas und Brennstoffe, Kühlmittel, sowie Emissionen durch den Betrieb von Heizkesseln und Öfen, die vom Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Unter Scope 1 fallen auch Emissionen des eigenen Fuhrparks (z.B. Autos, Lieferwagen, Lkw, Helikopter für Krankenhäuser, usw.).

Im Gegensatz zu direkten Emissionen definiert das GHG Protocol indirekte Emissionen als Folge der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, die jedoch aus Quellen stammen, die einem anderen Unternehmen gehören oder von diesem kontrolliert werden. Dazu gehören die sogenannten Scope 2- und Scope 3-Emissionen. Das GHG Protocol trifft jedoch eine eindeutige Unterscheidung zwischen diesen beiden Geltungsbereichen.

Scope 2 – indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie

Laut dem GHG Protocol stellen Scope 2-Emissionen eine der größten Quellen der insgesamt weltweiten Treibhausgas-Emissionen dar. Dementsprechend bietet die Messung und Berechnung der Scope 2-Emissionen eine erhebliche Chance zur Emissionsminderung. Doch welche Emissionen fallen in diesen Bereich?

Scope 2-Emissionen sind indirekte Treibhausgas-Emissionen aus eingekaufter Energie, wie Strom, Wasserdampf, Fernwärme oder -kälte, die außerhalb der eigenen Systemgrenzen erzeugt, aber vom Unternehmen verbraucht werden. Beispielsweise wird Strom, den ein Unternehmen A bei einem Versorgungsunternehmen B einkauft, außerhalb der Einflusssphäre von Unternehmen A erzeugt. Dadurch gelten die entstehenden Emissionen als indirekte Emissionen bei Unternehmen A (jedoch als direkte Emissionen bei Unternehmen B). Wenn ein Unternehmen selbst Energie aus Quellen erzeugt, die von ihm verantwortet oder kontrolliert werden, gelten die damit verbundenen Emissionen als direkte Scope 1-Emissionen. Dasselbe gilt für Unternehmen wie Stromversorger oder -anbieter, die über eigene Anlagen zur Stromerzeugung verfügen und den erzeugten Strom vollständig in das lokale Stromnetz einspeisen. Die Treibhausgas-Emissionen aus diesen Anlagen werden unter den Scope 1-Emissionen erfasst.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Geltungsbereich Scope 2 nur indirekte Emissionen umfasst, die durch die Erzeugung von eingekaufter Energie entstehen. Sonstige Emissionen aus der Produktion und Verarbeitung vorgelagerter Brennstoffe oder der Verteilung von Energie in einem Netzwerk werden unter Scope 3 erfasst.

Scope 3 – indirekte Emissionen innerhalb der Wertschöpfungs- und Lieferkette

Scope 3 umfasst alle indirekten Emissionen, die entlang der Wertschöpfungs- und Lieferkette entstehen. Um eindeutig zwischen den Geltungsbereichen Scope 2 und Scope 3 zu unterscheiden, beschreibt die US Enviromental Protection Agency (EPA) Scope 3-Emissionen als „das Ergebnis von Aktivitäten aus Anlagen, die nicht im Besitz des jeweils bilanzierenden Unternehmens sind oder von ihm kontrolliert werden, aber das Unternehmen diese Aktivitäten innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette unmittelbar beeinflusst.“ Obwohl diese Emissionen nicht vom Unternehmen kontrolliert werden, können sie durchaus den größten Anteil an den Treibhausgas-Emissionen ausmachen. Auf Grundlage der finanziellen Transaktionen des berichtenden Unternehmens unterscheidet das GHG Protocol bei den Scope 3-Emissionen zwischen vor- und nachgelagerten Emissionen und unterteilt diese in 15 Kategorien (siehe Tabelle vorherige Seite).

Was müssen Unternehmen tun?

Das GHG Protocol schreibt vor, alle Scope 1- und Scope 2-Emissionen zu bilanzieren. Die Bilanzierung von Scope 3-Emissionen ist laut dem GHG Protocol zwar optional, für ganzheitlichen Klimaschutz jedoch unausweichlich. Die Erfassung und genaue Berechnung von Treibhausgasen, die innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen, aber nicht von ihm kontrolliert werden, kann eine erhebliche Herausforderung darstellen. Denn aufgrund der zahlreichen beteiligten Akteure und Prozesse handelt es sich häufig um komplexe und aufwändige Aufgaben.

Ein erfahrener Partner kann bei der Reduzierung der Scope 3-Emissionen unterstützen, indem er mit einem Screening hilft, zu bestimmen, wo die Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette entstehen und worauf sich Reduktionsmaßnahmen konzentrieren sollten. Zudem erhalten Unternehmen Unterstützung bei der Erhebung eines umfassenden Treibhausgasinventars einschließlich aller Scope 1-, Scope 2- und Scope 3-Emissionen. Schließlich kann ein Partner ausführlich dazu beraten, wie Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck und ihren Beitrag zum Klimawandel reduzieren und langfristig den Übergang zu einer Net Zero Economy schaffen.

Autor: Als Teamlead Research & Development verantwortet Kolja Gerlach gemeinsam mit seinem Team die Methodik und ihre Weiterentwicklung bei der Datenerfassung und Emissionsberechnung im Rahmen der CO2-Bilanzierung. Frühere Stationen des Master of Science in Mathematik waren u.a. das Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme sowie die Hannover Re.

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